Geschichte im Essener Norden

 

Die Gründung der Krankenhäuser im Essener Norden

 

Der Katholische Krankenhausträger Contilia hat angekündigt, das Marienhospital in Altenessen und das Vincenz Krankenhaus in Stoppenberg zu schließen. Wichtige Fachabteilungen werden ersatzlos gestrichen, einige andere in das Philippus Krankenhaus nach Borbeck verlegt. Das bedeutet einen Kahlschlag für die Gesundheitsversorgung von ca. 200 000 Menschen im Essener Norden. Es widerspricht dem Gründungsgedanken der beiden Krankenhäuser im 19. Jahrhundert, die von der Sorge um die Menschen geprägt waren.

Als 1866 die große Landbürgermeisterei Altenessen von einer Cholera–Epidemie heimgesucht wurde, gab es kein Krankenhaus.  Der Bürgermeister de Wolf musste in einer vom Bauer Bäuminghaus gemieteten Scheune ein Cholera-Not-Lazarett einrichten. Die Stoppenberger Katholische Kirchengemeinde bemühte sich sehr lange um den Bau eines Krankenhauses. Die „Kohlenbarone“ um Hilfe gebeten, lehnten jede Beteiligung ab. Erst mit einem Zuschuss der Bürgermeisterei von        18 000 Mark konnte die Pfarrgemeinde 1886 ein Krankenhaus  bauen. Am 5. Januar 1887 teilte Pfarrer Hicken dem Bürgermeister Hoeren mit: „ dass am Sonntag, den 9. Januar 1887, die Einweihung des Vincenz Krankenhauses stattfinden kann“. Träger des Hauses war die Kath. Kirchengemeinde Stoppenberg. Es war das erste Krankenhaus im „Essener Norden“. Am 28. Oktober 1888 kam das Marienhospital hinzu.

Im „Stoppenberger Kalender 2012“ erschien mein Bericht zum 125 - jährigen Jubiläum des Vincenz  Krankenhauses. Die WAZ hatte diese Geschichte auf einer Zeitungsseite abgedruckt.
19. 07.2020  Günter Napierala


125 Jahre St. Vincenz Krankenhaus in Stoppenberg

Foto: Pressestelle Katholische Kliniken Essen - Nord


Im Essener Gesundheitswesen nimmt das St. Vincenz Krankenhaus einen wichtigen Platz ein. Das Haus wurde in den letzten Jahren modernisiert und vergrößert. Schwerpunkte in Stoppenberg sind die beiden Kliniken für die Unfallchirurgie und Kardiologie.

Alles fing ganz klein an: als im Jahr 1866 im Essener Norden die Cholera ausbrach, gab es in der Bürgermeisterei Altenessen (Stoppenberg gehörte dazu) noch kein Krankenhaus. In dieser Notlage blieb der Gemeindeverwaltung unter dem Bürgermeister de Wolff nur die Möglichkeit, in einer vom Hofbesitzer Böminghaus für 125 Thaler angemieteten Scheune ein „Choleralazarett“ einzurichten. Aus diesem Grund und wegen der häufigen Unfälle und Erkrankungen unter den Bergleuten und Fabrikarbeitern wurde überlegt, ein Krankenhaus zu bauen. Die Zechen der Umgebung wurden um finanzielle Beihilfe angesprochen, sie winkten aber ab. 

Die Stoppenberger Katholische  Kirchengemeinde unter dem Pfarrer Hicken bemühte sich 1884 um ein Krankenhaus. Durch eine Zusammenarbeit mit der Bürgermeisterei konnte das Bauvorhaben begonnen werden. Am 5. Januar 1887 teilte Pfarrer Hicken dem Bürgermeister Hoeren mit,  der Bau und die Einrichtung sind so weit fortgeschritten, dass am Sonntag, den 9.1. die Eröffnung der „Anstalt“ stattfinden kann. In der Chronik steht: „im Anfang waren alle Dienstleistungen kostenlos. Erst ein Jahr nach der Eröffnung  musste Pflegegeld bezahlt werden“. Das Krankenhaus hat 60 Betten, erster Chefarzt ist Dr. Rüping, alle Personen sind auch Patienten seiner Praxis. In diesem Jahr werden 196 Kranke versorgt. Ab 1897 übernehmen vier Schwestern vom Orden der Hl. Elisabeth aus Essen die Pflege der Kranken.


St. Vincenz Krankenhaus um 1890 /  Im Hintergrund die Stiftskirche  // Foto: Sammlung Breitenstein


Durch die vielen unerfahrenen Bergleute auf den Zechen steigt die Zahl der Unfälle und Erkrankungen stark an. Das Haus muss ständig vergrößert werden. 1906 sind 100 Betten vorhanden, es werden 1074  Kranke durch 11 Schwestern versorgt. In der Zeit des Chefarztes Dr. Träger von 1930 bis 1963 wird besonders die Unfallchirurgie und die Gynäkologie ausgebaut. Das „St. Vincenz Krankenhaus“ wird  als vorbildliches Krankenhaus im Essener Raum hingestellt. Der Krieg trifft das Haus hart, durch Bombenangriffe am 23. Oktober 1944 werden große Teile zerstört. Die Patienten werden auf andere Häuser verlegt oder auch evakuiert. Nach dem Krieg werden die Schäden beseitigt, es wird weiter ausgebaut und modernisiert. Dr. Müller -Tix, der seit 1958 in Stoppenberg tätig ist, wird 1963 Chefarzt. Sein Spezialgebiet ist die Unfallchirurgie. Zu dieser Zeit werden ca. 8000 Arbeitsunfälle  jährlich in Stoppenberg behandelt.

In den 60er Jahren wurden die ersten Schachtanlagen stillgelegt. Durch eine schärfere Beachtung der Sicherheitsbestimmungen sanken dabei auch die Unfälle im Bergbau. Dadurch veränderten die Belegungszahlen so stark, das der Bestand des Hauses in Stoppenberg in Frage gestellt wurde.  Ab1955 hatte der Gesetzgeber die Krankenhäuser aufgefordert, sich auf die neue Situation im Gesundheitswesen einzustellen. Für das relativ kleine Haus in Stoppenberg kam nur eine Spezialisierung und letztendlich eine Zusammenarbeit mit anderen Krankenhäusern in Frage. Durch die große Erfahrung in der Unfallbehandlung war hier ein Ansatzpunkt gegeben. Als zweiter Schwerpunkt kam die Behandlung von Herzerkrankungen dazu.

Seit 1959 bemühte man sich um einen Neubau, aber erst 1971 konnte geplant und gebaut werden. Zur 100 Jahr - Feier 1986 war der neue OP-Trakt fertig, zwei Jahre später auch das Herzkatheterlabor und die Liegendanfahrt mit der Notarztwagenstation. 1992 kam dann noch das neue Bettenhaus dazu.

1996 fusionierte das „Vincenz“ mit dem Marienhospital in Altenessen zu den Katholischen Kliniken Essen-Nord. Die Pfarrgemeinden St. Nikolaus und St. Johann haben ihre bis dahin eigenständigen Krankenhäuser zusammengelegt. Erster Geschäftsführer war Herr van Ackern, der seit 1976 das     St. Vincenz-Krankenhaus geleitet hatte. 2003 schloss sich auch das Philippusstift in Borbeck an. Mit 900 Betten ist so ein großer Klinikverbund entstanden. Dadurch wird im Essener Norden eine umfassende Versorgung der Menschen gewährleistet. Die beiden Kliniken für Kardiologie und Unfallchirurgie in Stoppenberg haben dabei ganz wichtige Hauptaufgaben.

In dem WAZ-Buch „Äskulaps Erben“ von Petra Kohrun wird die Kardiologie zur Spitzenmedizin im Ruhrgebiet gezählt. Es werden die 24-Stunden Bereitschaft und die moderne Ausstattung im Vincenz – Krankenhaus hervorgehoben. Für die Infarktbehandlung im Essener Norden ist das unverzichtbar geworden


07.08.2011 Günter Napierala