Geschichte im Essener Norden

 

Altenessener Geschichtskreis.     

 

"Aus der Dokumentation“: Acht Jahre Spurensuche im Essener Norden.

Ursprung:

Der Altenessener Geschichtskreis besteht seit 1983. In den Jahren 1981 – 85 hatte eine Altenessener Bürgerinitiative den Abbruch der Zeche Carl verhindert. Bei Aufräumungsarbeiten wurde in Jahrzehnte alten verschlossenen Räumen historisches Material entdeckt. Teilweise war es unter Bauschutt verborgen. Einige Teilnehmer der „Initiative Zeche Carl“, die besonders an der Geschichte interessiert waren, hatten u.a. alte Akten, Urkunden, Karten und Werkzeuge gesammelt, notdürftig archiviert und ehemalige Bergleute dazu befragt. Dabei wurde deutlich, dass viele Altenessener Bürger ihnen auch ihre Geschichten zum Stadtteil erzählen wollten.

Ausgangspunkte:
Der Stadtteil Altenessen war vom Bergbau stark geprägt, es gab im Umkreis von Zeche Carl noch sechs weitere Schachtanlagen. So lag es nahe, dass der Geschichtskreis zuerst dieses Thema aufgearbeitet hatte. Die Menschen kamen aus allen Teilen Deutschlands und Europas. Sie waren unmittelbar abhängig von den Bergbaugesellschaften. Arbeitsstelle und Wohnungen waren direkt miteinander verbunden. Das machte eine freie Wahl des Arbeitsplatzes fast unmöglich.

Freizeit, wenn überhaupt vorhanden, fand vorzugsweise zu Hause, im Garten oder in Vereinen statt. Die Katholischen Kirchen waren Vielen eine Heimat in einer fremden Umwelt. Die NS – Zeit und der Krieg brachten viele Einschränkungen und Nöte. Nach 1945 kam es zu einem wirtschaftlichen Aufschwung: Kohle war gefragt. In den 60 er Jahren begann die Kohlenkrise mit erheblichen Auswirkungen auf den Stadtteil im Essener Norden. 1973 wurde die letzte Zeche geschlossen.

Durch die Initiative vieler Altenessener Bürger wurde der Bestand der Zeche Carl mit dem ältesten vorhandenen Malakowturm im Ruhrgebiet gesichert. Es entstand ein überregionales Kulturzentrum, das auch Treffpunkt vieler Gruppen aus Altenessen wurde.

In den Jahren 1975 begannen die Arbeiten zur „Grünen 14“. Nach der Stilllegung der Schachtanlagen gab es im Essener Norden viele brachliegende Flächen, Umweltschäden, städtebauliche Missstände und eine zerstörte Landschaft. Im Zuge der „Grünen 14“ wurden Flächen saniert und Grünflächen für den Erholungswert und die Gesundheit der Bürger neu geschaffen.

Im Januar 1976 begann der Kampf gegen den Abriss der Barkhof-Siedlung, einer alten Bergarbeiter-Siedlung. Dazu ist viel Archivmaterial gesammelt worden, das  gesichtet und gesichert werden musste.

Geschichtsarbeit - Die Gruppe und die Personen

Im Mittelpunkt stehen persönliche Erinnerungen: Erzählungen, Fotos, Urkunden, Aufzeichnungen und vieles andere. Dazu kommen auch andere geschichtliche Ereignisse aus dem Stadtteil. Vieles kommt zusammen und führt oft zu einer kritischen Betrachtung der Vergangenheit.

Viele Bürger aus Altenessen haben mitgemacht. Dazu kamen immer wieder Personen dazu, die an einzelnen Projekten beteiligt waren. Alle Arbeiten wurden „ehrenamtlich“ durchgeführt. Es gab keine „leitende“ Funktion, d.h., alle tragen auch die Verantwortung mit. Die Ergebnisse werden bei gemeinsamen Treffen zusammengetragen.

Projekte 1983 – 2003
In diesen Jahren sind insgesamt elf Projekte mit Ausstellungen durchgeführt worden. Zu den Themen sind Ausstellungen erarbeitet worden. Von den Ausstellungsstücken ist leider nichts mehr erhalten.
1. 1983 – Konzeption für Leben in Altenessen und Veränderung in den letzten 100 Jahren.
2. 1984 – Grubenunglück auf „Fritz“ am 26. Juli 1942
3. 1985 – Altenessen vor 40 Jahren
4. 1985 – Leben auf dem Lande. Ausstellung im Einkaufszentrum Altenessen.
5. 1986/1987 – 100 Jahre Altenessener Sportgeschichte
6. 1988 – Jüdisches Leben in Altenessen
7. 1989 – Von der Marktgenossenschaft zur IBA – Emscherpark
8. 1990/ 1991 – Altenessen – Industrie, Natur, Kultur.
9. 1991 – Geschichte einer Einmischung – Mitarbeit beim evgl. Kirchentag Ruhr
10. 2002 – Ansichtssachen – Bilder ausgeliehen an das Ruhrlandmuseum
11. 2003 – Kindheit im Wandel, zusammen mit dem Kinderschutzbund im Rathaus

Katalog zur Ausstellung: 100 Jahre Altenessener Sportgeschichte


Beispiele von Veröffentlichungen: Autoren, Mitautoren und Mitarbeiten von Mitgliedern des Altenessener Geschichtskreises.
1985 – „Die Wahrnehmung sozialer und bebauter Umwelt“. Gerald Wood befragte Bewohner der Barkhof-Siedlung.
1996 – 18 Rundgänge „Essen entdecken“. Die Rundgänge in Altenessen werden vom Geschichtskreis vorbereitet und durchgeführt.
1997 – Veröffentlichung von Tamara Frankenberger über weibliche Zwangsarbeiter: „Wir waren wie Vieh“.
2010 – Buch von Georg Cornelissen: „Zwischen Köttelbecke und Ruhr“ Wie spricht Essen? Er unterhält sich dabei auch mit Bewohnern der Barkhof-Siedlung.
Anregungen gaben wir bei Aktionen im Stadtteil: Verlegung der Stolpersteine, Erinnerungs-Tafeln zum Kapp-Putsch, Erhaltung von Naturdenkmalen.

Bei diesen Arbeiten wird viel „Volkskunde“ aus Altenessen entdeckt: durch häufige Besuche der AWO – Erzähl - Caffees in den Altenessener Ortsteilen. Dabei werden sehr viele Erkenntnisse über „örtliche Brauchtumsreste“ gewonnen. Wir bekommen auch viele „Sammelstücke“ – Andenken, Vereinsfahnen, Urkunden und andere Andenken, die wir dem Ruhrmuseum übergeben.

Geschichtswettbewerb
Teilnahme am IBA - Wettbewerb: „Industriegeschichte an Emscher und Ruhr“ 1991.
164 Geschichtskreise und Einzelpersonen haben sich beteiligt: Der Altenessener Geschichtskreis hat mit einer Dokumentation seine Arbeit von 1983 bis 1991 dargestellt und den „Dritten Preis“ bekommen. Das war ein großer Erfolg für eine rein ehrenamtliche Gruppe.


Geschichtsarbeit heute - 2016
Wir sind eine kleine Gruppe, die sich nach Absprache in Privatwohnungen trifft. Einige Personen aus den Anfangsjahren sind ausgeschieden, andere neu dazugekommen. Wir sind völlig unabhängig und bestimmen selber, welche Themen wir bearbeiten. Das ist sehr interessant und bringt auch viele neue Erkenntnisse.
Neue Themen zur bäuerlichen Vergangenheit in Altenessen:
Die Versorgung der Bevölkerung in der Zeit vor der Industrialisierung.
Die Verleihung von Pferden für die Arbeit im Untertagebergbau.
Die Bedeutung des Schweinemarktes am Altenessener Bahnhof für die Versorgung der Bevölkerung und die geplante Bebauung des Geländes mit Supermärkten

Wichtig sind die Kontakte im Stadtteil, der Austausch mit anderen Geschichtskreisen und die Mitarbeit in den „Essener Geschichtsinitiativen“.
Sie finden uns auch im Internet: www-Geschichte-im-Essener-Norden
Unter den Stichworten: Menschen – Orte – Ereignisse sind Berichte zu diesen Punkten zusammengestellt.


12. Februar 2016  Werner Bussick,  Günter Napierala,   Altenessener Geschichtskreis