Geschichte im Essener Norden

 

Haus Achtermberg,
ein vergessener Rittersitz aus dem „Altenessener Stiftsquartier“

 

An der Stadtgrenze Gelsenkirchen-Rotthausen und Essen-Kray steht ein mächtiges Torhaus: es ist das Tor der alten Wasserburg „Haus Achtermberg“. Der Name kommt von der Lage der Burg „hinter dem Berg“, damit war der Mechtenberg gemeint.

Um das Jahr 1000 gehörten viele Höfe in der Bauerschaft Rotthausen zum Frauenstift Essen. An einem  Weg von Rotthausen nach Süden, dem so genannten Rotthauser Hellweg lag am Schwarzbach das Lehnsgut „auf der Heege“, ein von einer Hecke umfriedeter Hof.  Neben diesem Gutshof wurde im 12. Jahrhundert  ein steinernes Haus gebaut mit massiven dicken Mauern und Nebengebäuden wie Scheunen, Ställen und Wohnungen für die Dienstleute. Es war von einer Ringmauer und einem Wassergraben umgeben. Davor stand ein fester Torbogen mit einer Zugbrücke. Diese Wasserburg wurde „Hekede achter dem Berg“ genannt. Neben der Burg stand eine Wassermühle, die an einen Müller verpachtet wurde. Der Müller klagte aber oft darüber, dass der Schwarzbach zu wenig Wasser führte und er deshalb die Pacht nicht zahlen konnte.

Haus Achtermberg ist viele Jahrhunderte ein adeliger Rittersitz gewesen. Dazu gehörten  Bauernhöfe in Katernberg, Schonnebeck, Rotthausen und Kray. Bekannte Essener Adelsfamilien hatten auf dieser Wasserburg ihren Sitz: im 14. Jahrhundert waren es die Herren von Heege, dann die Familie von Asbeck. Durch Erbfolge kam sie dann an die Familie Wendt von Hardenberg. Nach einer Erbteilung von 1750 ist das Land verkauft worden, unter anderem an die Jesuiten von Essen, die es verpachteten.

Unter der Herrschaft der Äbtissinnen von Essen hatten die Bauern in Rotthausen von den Veränderungen in der Welt nur am Rande etwas mitbekommen. Das änderte sich 1803 mit der Auflösung der geistlichen Fürstentümer. Das Stift Essen wurde Teil des Königreiches Preußen. Rotthausen kam zur Bürgermeisterei Altenessen. Erster Bürgermeister wurde Bernhard Radhoff, der in Stoppenberg in einem Wirtshause einen wöchentlichen Geschäftstag einrichtete. 

Durch die Industrialisierung stieg die Bevölkerung so stark an, dass Rotthausen 1906 aus der 1876 errichteten neuen Bürgermeisterei Stoppenberg ausschied und bis zur Eingemeindung nach Gelsenkirchen 1924 eine selbständige Bürgermeisterei im Landkreis Essen im Rheinland war. Bei der Eingemeindung nach Gelsenkirchen und damit nach Westfalen hat man versucht, die neuen kommunalen Grenzen wegen der Bergschäden mit den Grubenfeldern der Zechen in Übereinstimmung zu bringen. Die Grenze zwischen den Zechen Dahlbusch und Bonifazius ging genau am Haus Achtermberg vorbei. Und so kam es, dass durch die neue Gemeindegrenze dieser alte Rittersitz, wie alle Jahrhunderte l vorher, nicht mehr in  Rotthausen, sondern in Kray lag.


Haus Achtermberg, Postkarte ca. 1900 – Aus Meyer – Stoppenberg
Es zeigt das alte Gutshaus vor dem Brand von 1905


Haus Achtermberg ist 1901 von der Gelsenkirchener Bergwerks-AG erworben worden. 1905 vernichtete ein von spielenden Kindern verursachter Brand alle Wohn- und Wirtschaftsgebäude.
Das Wohnhaus ist in einfacher Form wieder aufgebaut worden und wird heute noch bewohnt.
Nur das massive Torhaus aus dem 15. / 16. Jahrhundert blieb erhalten. Es ist 9 Meter breit und 11 Meter tief. Die Hof- und Straßenseite ist aus Sandsteinquadern von 40 x 40 x 90 cm gebaut. Beide Seitenwände sind aus Ziegelmauerwerk. Das Tor ist 5 Meter hoch. Das Dach besteht aus Holzbalken und ist mit Schiefer gedeckt. Beide Torwände haben an den Randsteinen zum Dach jeweils 5 Schmucksteine. 1999 war das Torhaus in einem sehr schlechten Zustand:  Dach und Mauerwerk waren durch Bäume stark beschädigt. In der Zwischenzeit – bis 2006 – ist es restauriert worden. Das Tor ist am 14.02.1985 in die Denkmalliste der Stadt Essen eingetragen worden.

Die  ca. 100 m lange Straße „Am Achtermberg“, an deren Ende das Torhaus liegt, ist für Autos nur von Gelsenkirchen zu erreichen.  Ein Versuch, diese kleine Straße wieder nach Ge-Rotthausen um zu gemeinden, scheiterte daran, dass damit auch die Grenze zwischen den Regierungsbezirken Düsseldorf und Münster verschoben würde. Karlheinz Rabas kann von vielen Problemen mit der Müllabfuhr, der Postzustellung und anderen Sachen durch diese „Grenze“  erzählen.


Torhaus im April 2006. Ansicht von der Hofseite. Die Bäume sind zurück geschnitten und das Dach neu gedeckt worden. Der Weg verläuft jetzt genau durch das Tor. Gut zu erkennen sind die fünf Schmucksteine an der Dachkante.


Das alte Torhaus ist für Wanderer gut zu erreichen. Vom „Zollvereinweg“ – führt der Abzweig kurz vor der Zeche Bonifazius in Richtung Rotthausen dahin. Der Weg ist gut ausgebaut und führt durch das Tor. Das mächtige Torhaus ist ein beeindruckendes Bauwerk der Essener Geschichte.


04.10.2013 Günter Napierala