Geschichte im Essener Norden

 

Die Viehofer Mark.
Ein Rückblick auf die Geschichte des Essener Nordens

 

Mark ist eine alte Bezeichnung für Grenzgebiete. In dem Begriffen Markstein oder Gemarkung ist dieses Wort heute noch gebräuchlich. Der nördliche Teil des Stiftes Essen – das heutige Altenessen – war Grenzgebiet zum Vest Recklinghausen.

Der Viehof war ein Oberhof des Stiftes Essen und lag unmittelbar vor dem Viehofer Tor. Er war der bedeutendste Oberhof, und er geht auf den Gründungshof des Stiftes Essen zurück. Nach diesem Hof hat dieses Gebiet den Namen „Viehofer Mark“ erhalten.

Die Viehofer Mark war ein urwüchsiges, unkultiviertes Gebiet mit Buchen-, Eichen- und Erlenwäldern und weiten Heideflächen. Sie wurde im Westen von der Borbecker Mark, im Norden von der Emscher und im Osten von der Stiftsgrenze eingegrenzt.

Die Mark war Gemeinschaftseigentum der Hofbesitzer und Kötter, die dort wohnten, des Stiftes Essen und anderer Markgenossen. Sie hatten ein gemeinsames Nutzungsrecht nach Anteilen. Hauptnutz-nießer war aber der Viehof und damit das Stift Essen. Durch diese Mark führte der Weg von Essen nach Horst, die spätere Essenhorsterstraße, heute die Altenessener Straße.

Über viele Jahrhunderte bestand die wirtschaftliche Nutzung in der Holzgewinnung zum Bauen und Brennen sowie zur Viehhaltung. Die Nutzungsrechte waren genau geregelt. Beispiele:

  • Es gab das Recht, die Wildpferde im Emscherbruch einzufangen;
  • Schafherden zu weiden und Ställe zu errichten,
  • Im Herbst Schweine zur Eichel- und Buchenmast einzutreiben.

So hatte das Stift Essen das Recht, jeden Herbst 30 Schweine zur Mast einzutreiben.

Im Laufe der Jahrhunderte gab es durch Erbteilung und Zwistigkeiten zwischen Stift und Stadt Essen viel Ärger über die Nutzungsrechte, die oft handgreiflich ausgetragen wurden. Auch Gerichtsverfahren wurden geführt. Bekannt sind Verfahren und Vergleiche aus den Jahren 1549, 1565, 1665, 1691 und 1743.

Zu beginn des 19. Jahrhunderts wurde der Wunsch laut, die Viehofer Mark aufzuteilen und das Land urbar zu machen. Der Grund lag vorzugsweise in der wachsenden Bevölkerung.

Die Aufteilungsverhandlungen waren äußerst schwierig. Sie zogen sich über viele Jahre hin. Die erste Verordnung erließ das Oberlandesgericht in Cleve am 20. Januar 1816, die Teilung erfolgte endgültig mit der Unterzeichnung am 20. April 1831.

Bei dieser Teilung wurde ein Drittel des Grundwertes der Stadt Essen und den von ihr abzufindenden Berechtigten zugesprochen. Die übrigen zwei Drittel wurden auf Katernberg, Stoppenberg und Altenessen sowie auf andere Markberechtigten nach den Anteilen verteilt.


Die Teilung hatte weit reichende Folgen. Das Land wurde urbar gemacht und intensiv land- wirtschaftlich genutzt. Wälder und Heideflächen verschwanden bis auf einen geringen Rest. Die Landschaft veränderte sich völlig. Die letzten Wildpferde wurden 1834 eingefangen. Die nachhaltigste Veränderung trat nach 1840 ein. 1845 wurde mit dem Abteufen der Schächte Neuköln und Anna begonnen. 1855 kamen Schacht Heinrich und 1873 die Emscherschächte hinzu. Die Landwirtschaft wurde bis auf wenige Reste von der Industrie verdrängt.

Nur noch wenige Straßennamen erinnern heute an die Mark. Die Schnieringstraße hat ihren Namen nach einem alten Kotten. Die „Rahmheide“ und „Böhmerheide“ erinnern noch an die Heideflächen. Der Teilungsweg hat seinen Namen von der Teilung der Viehofer Mark erhalten. An die vielen Wildpferde im Emscherbruch erinnern noch die Namen Wildpferdehut und Strickerstraße. Am „Schlagbaum“ war ein mit einem Tor versehener Weg in die Mark.

Östlich der Viehofer Mark lag die Barkhover Heide. Bis in die 1960 er Jahre war dort noch etwas vom ursprünglichen Zustand des „Emscherbruchs“ vorhanden. Mit der Ablagerung der Waschberge in diesem Gelände zur Schurenbachhalde und dem Bau der A 42 verschwand auch dieser kleine Rest der Heide.

Spielende Kinder - Foto aus der „Sammlung Archiv Barkhof“


Zum Foto: wo der Teich mit den spielenden Kindern ist, verläuft heute die A 42. Das Haus rechts befindet sich direkt hinter der A 42 – Brücke. Auf der linken Seite ist die Schurenbachhalde. Dort ist heute der Treppenaufgang zur „Bramme“. Über die Eisenbahnbrücke verlief die Strecke von Zollverein nach Nordstern. Darüber sind auch die Waschberge zur Halde transportiert worden. Nach dem Ende des Bergbaus wurde diese Eisenbahn nicht mehr gebraucht. Die Gleise sind abgebaut worden. Heute verläuft auf dieser Trasse ein „Superradweg“ vom Rhein-Herne-Kanal bis nach Zollverein. Er wird gerne von Scatern und Radfahrern genutzt. Das Foto ist aus der „Sammlung Archiv Barkhof“.

Wenn Sie heute durch Altenessen am Alleecenter vorbeigehen oder fahren, auf der B 224 am Media-markt im Stau stehen, oder von der „Bramme auf der Halde“ rund um blicken, versuchen sie sich vorzustellen wie es hier gewesen ist und was sich in den letzten 150 Jahren alles verändert hat.


Literaturnachweise: - Auswahl -

„Die Marken in den Stiften Essen und Rellinghausen“ Dr. Wilhelm Wirtz, 1926
„Altenessen“ von Fritz Siebrecht, 1915
„Scholle und Schacht“ Nr. 14 1938
„Essener Straßennamen“ Erich Dickhof, 1979
Foto: Archiv Barkhof – Werner Bussick


9. Februar 2012 Günter Napierala